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Fett macht glücklich - aber wen?

Tipps für einen nachhaltigen Umgang mit Agrarprodukten

Tierische Fette, so hört man immer wieder, sind ungesund und belasten das Klima. Also wird schon seit langem geraten, die Ernährung auf pflanzliche Fette umzustellen. Nun ist aber gerade ein pflanzliches Fett in die Kritik geraten, das einer der wichtigsten Rohstoffe der Welt ist: Bis vor kurzem enthielt noch jedes zweite Supermarktprodukt Palmöl. Laut WWF findet es sich in Nutella & Co., Tütensuppen, Cremes, Waschmitteln, Lippenstift und Keksen - und natürlich im Biosprit. Beim Griff ins Supermarktregal  und beim Tanken entscheiden wir auch über das Schicksal bedrohter Arten wie Orang-Utan oder Tiger - und des Regenwaldes. Mittlerweile erstreckt sich der Anbau weltweit auf eine Fläche von etwa 19 Millionen Hektar, rund um den Äquator in artenreichen Regionen, wie Indonesien und Malaysia. Für neue Plantagen werden weiterhin zahlreiche Hektar Regenwald gerodet. Mit der global steigenden Nachfrage wachsen auch die ökologischen und sozialen Probleme.

Dabei hat Palmöl lt. WWF durchaus seine Vorzüge: Mit Palmöl kann auf vergleichsweise geringer Fläche ein großer Teil des weltweiten Bedarfs an Pflanzenölen gedeckt werden. In vielen Ländern ist es auch ein schwer zu ersetzendes Nahrungsmittel und bildet die Lebensgrundlage von Kleinbauern. Das Problem liegt in der Gewinnung: Für sie werden in großem Maßstab, vor allem in Indonesien, nicht nur Regenwälder abgeholzt, sondern auch und vor allem Torfmoorwälder zerstört, die Kohlenstoffspeicher gigantischen Ausmaßes sind und daher eine große Bedeutung für das globale Klima haben. „Fast 90 Prozent der durch die Palmöl-Produktion verursachten Treibhausgase werden 2020 aus Torfböden stammen“, zitiert die Agentur "Pressetext" die Forscher um Kimberly Carlson von der renommierten Yale University in Massachussetts.  Entsprechend viel Treibhausgase entstehen bei ihrer Trockenlegung. Etwa 20 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen resultieren lt. Greenpeace aus der Zerstörung von Urwäldern. FAO-Studien zufolge speichern sie fast 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Indonesien ist durch zunehmende Urwaldzerstörung - nach China und den USA - der weltweit drittgrößte Produzent von Treibhausgasen.

Mit einem Verzicht auf Palmöl bzw. seinem Ersatz wäre freilich nur bedingt dem Klima geholfen: Alternative zum Palmöl könnte Öl aus Soja oder aus Kokospalmen sein - aber Soja und Kokosnuss sind längst nicht so ertragreich.  Würden mehr Soja oder Kokospalmen angebaut, würde also noch mehr Fläche verbraucht als durch die Ölpalm-Plantagen. Zudem würden die CO2-Emissionen steigen. Der größte Anteil des Palmöls wird ohnehin nicht für Lebensmittel verwendet: Laut dem europäischen Dachverband Transport & Environment (T&E) landeten 51 Prozent des importierten Palmöls als Agrosprit im Tank, weitere zehn Prozent wurden in Kraftwerken für die Strom- und Wärmegewinnung verbrannt (fr). Wichtiger wäre also, den Etikettenschwindel mit dem "Biosprit" zu beenden (der allein dem Zweck dient, den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen faktenwidrig herunterzurechnen) als das Palmöl ganz aus Lebensmitteln zu verbannen.

Biologisch und fair erzeugtes Palmöl hat als Bestandteil von Margarine und anderen fetthaltigen Produkten durchaus seine Berechtigung, ist aber dreimal so teuer wie "konventionelles" Palmöl. Als eine umweltfreundliche Alternative zum Palmöl bietet sich das Öl aus der südamerikanischen Carnauba-Palme (Acrocomia) an, dessen Verwendbarkeit z.Z. die Universität Hohenheim untersucht (br). Sie wächst nicht nur entlang des Äquators, sondern auch in trockeneren Gebieten. Ihrem Anbau müsste also kein Regenwald zum Opfer fallen. Carnauba-Palmen können beispielsweise auf bereits angelegten Weideflächen angepflanzt werden, ohne deren Nutzung und Erträge zu beeinträchtigen. Acrocomia-Öl hat auch einen wesentlich höheren Anteil an ungesättigten, biologisch wertvollen Fettsäuren.  Aber es ist nicht so haltbar und schmeckt nicht ganz so neutral. 

Klimakiller Nr. 1 unter den Nahrungs-Fetten ist ohnehin die Butter. Eine 100g-Portion Butter setzt im Durchschnitt 0,92 kg CO2 frei - lt. WWF sogar 1,47 kg - im Vergleich zu 0,31 kg für Olivenöl, 0,27 kg für Rapsöl, 0,22 kg für Sonnenblumenöl - und 0,14 kg für Palmöl (klimatarier.com)! Milchprodukte haben es überhaupt in sich: Für den WWF sind sie für 23,6% der Treibhausgas-Emissionen der Ernährung pro Person verantwortlich. Pflanzliche Öle und Fette schaffen es dagegen nur auf 1,9%. Übertroffen werden sie nur von Fleisch und Fleischerzeugnissen mit 40,7%. Geradezu lächerlich wirken dagegen die Emissionen von Obst und Obstwaren (6,2%), Gemüse und seinen Zubereitungen (4,2%) und Kartoffeln bzw. Kartoffelprodukten (3,1%). Auch alle Getreideprodukte erreichen zusammen noch nicht einmal die Hälfte (9,3%) der Treibhausgas-Emissionen der Milchprodukte.

Bei Obst und Gemüse zählen aber auch die Kriterien Saisonalität und Regionalität stark, wie ein Beispiel mit Tomaten zeigt: Pro kg Tomaten benötigt der ökologische Anbau lediglich 35g CO2-Äqivalente, und auch der konventionelle nur 85g. Kommen sie dagegen aus Spanien, werden schon 600g CO2-Eq/kg freigesetzt und bei Flugware von den Kanaren 7200 g. Im ungeheizten Treibhaus sind es 2300g und das beheizte schießt außerhalb der Saison mit 9300 g den Vogel ab - setzt also auch bei heimischem Anbau noch deutlich mehr CO2 frei als die Flugware (team Global). Wenn Äpfel ein halbes Jahr im Kühlhaus liegen, kann der Apfel aus Chile (wo frisch geerntet werden kann) in der CO2-Bilanz durchaus günstiger als der einheimische abschneiden - und statt des Heizspargels unter Plastikfolien, der schon im März verkauft wird, könnte man sich ebensogut peruanischen kaufen. Noch wichtiger als der Kauf regionaler Produkte ist demnach die Berücksichtigung der saisonalen Verfügbarkeit.

Der Bund Naturschutz empfiehlt deshalb:

  • Nutzen Sie Öle aus heimischem Anbau, z.B. Rapsöl und Sonnenblumenöl!
  • Verwenden Sie als Bratfett, wenn überhaupt, nur kleine Mengen Butter!
  • kaufen sie Palmöl haltige Produkte nur aus biologischem Anbau oder fairem Handel!
  • meiden Sie Fertiggerichte! Sie enthalten oft einen hohen Anteil an Palmöl fragwürdiger Herkunft!
  • achten Sie bei Margarine und anderen fetthaltigen Produkten auf die Inhaltsstoffe!  
  • reduzieren Sie Ihren Konsum an Milchprodukten!
  • gehen Sie prinzipiell mit allen Fetten und Ölen sparsam um!
  • achten sie - auch bei Kosmetik- und Hautpflegeartikeln - auf Produkte mit Carnauba-Öl bzw -wachs!
  • machen Sie um Fast-Food-Gaststätten einen weiten Bogen!
  • lassen Sie sich nicht von Begriffen wie "Bio-Diesel" in die Irre führen! Palmöl-Zusatz macht Diesel zu einem noch schlimmeren Klimakiller!
  • trennen Sie sich von Ihrer Friteuse!
  • wählen Sie beim Kauf von Obst und Gemüse nach Möglichkeit regionale, vor allem aber saisonal verfügbare Produkte!
  • leisten Sie sich Schwerarbeiter-Portionen nur dann, wenn sie sich eine solche auch verdient haben!



Mit diesem Beitrag endet die Artikelserie des Bund Naturschutz zum Klimaschutz für Jedermann. Er hofft, dazu beigetragen zu haben, dass Klimasünden nicht aus Gedankenlosigkeit oder Unkenntnis heraus begangen werden. Die Botschaft an alle Bürger lautet, nicht immer nur Maßnahmen von anderen zu fordern (die letztendlich nur dazu führen, dass niemand etwas tut), sondern mit dem eigenen Beitrag zum Klimaschutz die Richtung vorzugeben. Jeder Konsument sollte sich des Gewichts von Klimasünden bewusst sein sein: Der Flug in die Karibik oder der 300PS-SUV sind nicht durch den Verzicht auf Einwegbesteck oder Wattestäbchen auszugleichen. Das Klima lässt sich nicht durch Schönrechnen und Alibiaktionen täuschen: Für die Einsparungen mit Billigflügen und vermeintlich günstige Stromtarife müssen wir jetzt schon an anderer Stelle teuer bezahlen.