Energie und Klima
Windenergie
Ist die Rede von Windkraftanlagen, fällt stets das geflügelte Wort von einer "Verspargelung" der Landschaft. Sicher bedeuten Windparks eine einschneidende Veränderung des Landschaftsbilds, das immer wieder Unmut in der Bevölkerung hervorruft. Im Landkreis Main-Spessart hält sich diese "Verspargelung" in Grenzen: Ausreichend wäre lt. BMWi ein Flächenbedarf von 2% (für Windparks, die Anlagen selbst lt. VBEW 0,01%). Die im Regionalplan Würzburg 2010 ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete der Region Würzburg, also die Landkreise MSP, WÜ und KT, erreichen wohl nur einen Anteil von 1,2% der Gesamtfläche, der aber aufgrund der höheren Leistungsfähigkeit moderner Windkraftanlagen und der Präferenz der Photovoltaik in Bayern hinnehmbar wäre. Von den 22 Vorranggebieten sind jedoch 9 nicht belegt und von den 26 Vorbehaltsgebieten 15 ohne Nutzung. Die Nutzung aller Vorrang- und Vorbehaltsgebiete, ergänzt durch ein Repowering der Altanlagen, würde das Landschaftsbild nicht mehr nachhaltig verändern oder unsere Naherholungsgebiete beeinträchtigen, wird aber durch die 10h-Regelung weitgehend blockiert. Deren Auswirkungen hat die Forschungsstelle für Energiewirtschaft 2016 drastisch vor Augen geführt: Sie errechnete für Bayern ein technisches Windenergiepotenzial von 76,8 GW, bei einem Abstand von 10h zur Wohnbebauung indessen eine Reduktion um 95-97% auf 3 GW. So wurde in der Region Würzburg tatsächlich zwischen Sept. 2014 und Sept. 2017 kein einziges neues Windrad errichtet und zwischen Sept. 2017 und März 2021 waren es nur drei. Dringend notwendig wäre also als zumindest als erster Schritt der Wegfall der 10h-Regelung für die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete.
Einwände werden allerdings bei so gut wie bei allen Windpark-Projekten vorgebracht, weil diese auch als eine Bedrohung der Vogelwelt verstanden werden. Hier wurden wohl in der Vergangenheit Fehler gemacht, vor allem dort, wo Windkraftanlagen im Bereich von Vogelzugsrouten errichtet wurden und so das Schlagwort von den "Vogelschreddern" befeuerten. Neuere Anlagen meiden jedoch diese Routen und sind mit Sensoren ausgestattet, die schützenswerte Vogel- und Fledermausarten erkennen und dann die Rotoren anhalten. Ohnehin ist der Anteil von Windkraftanlagen an den jährlichen Verlusten von Vögeln lt. NABU mit 100000 Opfern pro Jahr, also 3-4 pro Anlage und Jahr, im Vergleich zu den Verlusten durch Glasscheiben (100 - 115 Millionen), Freileitungen (1,5 -2,8 Millionen), dem Straßenverkehr (70 Millionen) und streunende Katzen (20 - 100 Millionen) eher gering. Insbesondere im Fall des Rotmilans konnte in der Umgebung von Windkraftanlagen lt. einer Studie des LIFE-EUROKITE-Projekts eine Gefährdung der Bestände bislang nicht bestätigt werden. Ebensowenig waren selbst nach vielen aufwändigen Untersuchungen Gesundheitsschäden durch "Infraschall" zu belegen.
All dem steht die Energieeffizienz pro Flächeneinheit im Vergleich zu anderen regenerativen Energieträgern gegenüber. Der Biomasse mit 2 bis 6 kWh/m² steht lt. DLR die Windenergie (an Land) mit rund 40 kWh/m² und – noch ertragreicher – der Photovoltaik mit 100 kWh/m² gegenüber (DLR et al. 2012, S. 80 mit Daten aus 2010). Bei diesem Vergleich müssen aber die Abstandsflächen der Windenergie nach Einschätzung des UBAs mit eingerechnet worden sein, was die geringere Effizienz der Windenergie gegenüber der Photovoltaik erklärt.
Windräder sollten nach Auffassung des BN nicht im Wald stehen, es sei denn, es handelt sich um naturfernen Wirtschaftswald. Das dürfte im Main-Spessartkreis jedoch nur in den seltensten Fällen zutreffen. Der Flächenbedarf für ein einzelnes Windrad beträgt ca. 350 m² versiegelte Fläche, der dauerhafte Platzbedarf im Durchschnitt 0,45 ha. In Bayern nimmt eine Windkraftanlage bisher durchschnittlich 0,35 Hektar dauerhaft in Anspruch, also etwa die Fläche eines halben Fußballfelds. Gerodete Waldflächen werden in der Regel wieder aufgeforstet und sind nach wie vor begehbar (s. Bild). Landwirtschaft ist in der Umgebung von Windrädern weiterhin uneingeschränkt möglich. Schützenswerte Gebiete wie FFH- und Vogelschutzgebiete, wurden von den regionalen Planungsverbänden in Unterfranken grundsätzlich ausgeklammert: Der Regionalplan für die Region Würzburg weist im Bereich des bayerischen Naturparks Spessart oder des Biosphärenreservats Rhön keine Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete für Windkraft aus.
Die bayerische Staatsregierung eröffnete wohl die Möglichkeit, abweichend von der 10h-Regelung die Einrichtung von Windparks auf Bauleitplanebene zuzulassen. Der Umfang der bisher so ausgewiesenen Gebiete beträgt jedoch gerade etwa ein Drittel (12290,8 ha in Flächennutzungsplänen, 827,5 in Bebauungsplänen) der auf Landes- oder Regionalplanebene ausgewiesenen Gebiete (36500 ha). Dieser Ansatz ist für den BN auch deshalb nicht zielführend, weil so die Verwirklichung von Windkraftprojekten allein ins Belieben einzelner Gemeinden gestellt wird und auch weniger geeignete Flächen in genossenschaftlicher Hand zum Zug kommen könnten, deren Nutzung sich dann für die Teilhaber als nicht wirtschaftlich erweist. Der BN hat schon in seiner Position zur Windkraft von 2008 gefordert, dass der Ausbau der Windkraft planmäßig zu erfolgen hätte und die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten auf Regionalplanebene kommt dieser Forderung entgegen. Die 10h-Beschränkung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung verhindert jedoch jede sinnvolle Regelung.
Bearbeitet: H. Haas-Hyronimus