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Teil 3 - Was hinten rauskommt - der deutsche Autofahrer und das Klima


Von den drei Energiesektoren - neben Wärme und Strom - ist der Verkehr derjenige, welcher bisher trotz aller Effizienzsteigerungen im Fahrzeugbau allen Bestrebungen widerstanden hat, den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Schuld daran ist vor allem der ungebrochene Trend hin zu PS-starken, aber extrem klimaschädlichen Offroadern. Um die ökologisch eigentlich dringend gebotene Elektromobilität dagegen ist ein über weite Strecken absurder Glaubenskrieg entbrannt, der viele potenzielle Käufer von Elektrofahrzeugen abschreckt. 

Ist das Elektroauto ein Ökoschwindel?

Mitverantwortlich dafür ist die häufig kolportierte, aber wohl nur selten gelesene "Schwedenstudie" des Stockholmer Umweltforschungsinstituts IVL. Quer durch die Medienlandschaft ging die Meldung, wonach ein Benzinfahrzeug 30.000 bis zu 100.000 Kilometer weit bzw. bis zu 8 Jahre lang fahren müsste, bis es mit dem CO2-Ausstoß der Akkuproduktion für ein Elektrofahrzeug gleichgezogen hätte. In der Studie selbst findet sich allerdings nirgendwo ein derartiger Vergleich mit konventionellen Fahrzeugen. Vielmehr wird in einer Gegenüberstellung der Ergebnisse von 7 europäischen Universitäten und Instituten untersucht, welche Auswirkungen Faktoren wie Kapazität (resp. Reichweite), Produktionsstandort und Akkutyp auf die Klimabilanz haben. Da die einzelnen Institutionen zu stark differierenden Ergebnissen (zwischen 30 und 250 kg Kohlendioxid-Äquivalente pro Kilowattstunde Akku-Kapazität) kommen, orientiert sich die Studie an den praxisnahen, aber hohen Erfahrungswerten aus Akkufabriken chinesischer und koreanischer Hersteller, wo überwiegend Kohlestrom genutzt wird.

Fairerweise hätten für einen Vergleich Benziner/Diesel vs. E-Mobil ein Elektro- und ein Verbrennungsauto der gleichen Grössenklasse herangezogen werden müssen. In den meistbeachteten Berichten wurde jedoch ein  420PS-Luxus-E-Fahrzeug mit einer außerordentlich großen Batterie - der Tesla Model S mit einem 86 kWh Akku - einem durchschnittlichen Benzinfahrzeug gegenüber gestellt. Nach Untersuchungen des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist indessen selbst der monströse 730PS-Elektro-SUV Tesla Model XP100D mit einem Ausstoß von 35 to CO2 pro Lebenszyklus noch klimafreundlicher als ein so sparsamer Kleinwagen wie der Ford Fiesta SFE Ecoboost mit 39 to.

Nach Berechnungen der freien Universität Brüssel kommen Elektrofahrzeuge selbst mit dem deutschem Strom-Mix insgesamt auf einen Öko-Bonus (gemessen an Treibhausgas-Emissionen) von 45% gegenüber Dieselfahrzeugen - und in Deutschland nutzen praktisch alle Halter von Elektrofahrzeugen Ökostrom. Im Lauf des Lebenszyklus eines Fahrzeugs werden nämlich die Verbrauchswerte ausschlaggebend: Ein Dieselfahrzeug, das 5l pro 100 km verbraucht, verheizt dabei Kraftstoff mit einem Brennwert von 52 kWh, selbst das üppige SUV-Modell X von Tesla benötigte dagegen bei einer 100 km-Testfahrt nur 21 kWh. Ein Renault Zoe gibt sich schon mit 13-14 kWh zufrieden, die deutschen Modelle VW e-up und BMW i3 gar mit 11 - 11,5 kWh/100 km.  

Im Vergleich zu Hybridautos erfordern reine Elektroautos über ihren gesamten Lebenszyklus einen 50 % bis 70 % geringeren Energieaufwand.  Der Energieaufwand bei der Fahrzeugherstellung und der Materialeinsatz ist für beide Fahrzeugtypen ungefähr gleich. Die meiste Energie erfordert bei allen Antriebsarten der Betrieb des Fahrzeugs. Plug-In-Hybride könnten nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz liefern, wenn sie überwiegend (>80%) elektrisch fahren, gewöhnlich reicht eine Akkuladung aber nur selten für mehr als 30 km. Ein 300PS-SUV ist und bleibt zudem auch als Hybrid für das Klima nur eine Belastung.

Welche weiteren Alternativen gibt es?

Vergleicht man die Energiebilanz „von der Quelle bis zur Straße“, schneidet lt. Öko-Institut das Batterie getriebene Elektroauto auch deutlich besser ab als der Brennstoffzellen-Pkw: Das Batteriefahrzeug kommt auf eine Energieeffizienz von rund 69 Prozent, das mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeug nur auf rund 26 Prozent. Erdgas-Pkw verursachen im Vergleich zu Elektrofahrzeugen, die mit Strommix betrieben werden, im Betrieb 5 bis 15 Prozent mehr Treibhausgasemissionen.  Mit dem Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung in Deutschland wird sich dieser Klimanachteil von Erdgasfahrzeugen weiter vergrößern. Erdgas ist deshalb auf Dauer keine klimafreundliche Alternative zur Elektromobilität. Problematisch ist auch der Hauptbestandteil Methan: Seine Klimawirkung ist über 20-mal so groß wie die von CO2. Entweicht Methan bei der Förderung, beim Transport oder der Nutzung des Erdgases, entstehen weitere Treibhausgasemissionen. Die Klimabilanz von Erdgas verbessert sich, wenn Biogas beigemischt wird. Biogas wird aus Biomasse hergestellt, aus Reststoffen oder Anbaubiomasse wie Mais. Nachhaltiges Biogas aus Reststoffen kann in Deutschland allerdings nur in begrenztem Umfang gewonnen werden und würde lediglich einen Bruchteil des Bedarfs aus dem Straßenverkehr decken. Wird stattdessen Anbau-Biomasse verwendet, besteht die Gefahr, dass Konkurrenz zur Ernährungssicherung und ungewollte Flächennutzungsveränderungen auftreten.

Strategien für den kleineren Geldbeutel

Blieben noch die Fahrzeughalter, die das notwendige Kleingeld für ein klimafreundliches Fahrzeug nicht aufbringen können oder denen die nötige Infrastruktur zum Beladen bzw. Betanken eines solchen Fahrzeugs fehlt: Auch für sie gibt es eine "kleine" Lösung durch die Verwendung von E10-Kraftstoff. Er enthält Bioethanol aus europäischer Produktion, das nachweislich bis zu 70 % THG Einsparung gegenüber Benzin bringt (BLE 2017). Wer also die Benzinsorte E10 (mit 10 % Bioethanol) tankt, stößt 3 bis 7 % weniger CO2 aus als mit Super Plus. Würde man den Ethanolanteil erhöhen, wie dies in den USA (E15) und Brasilien (mind. E27) der Fall ist, wäre sogar noch eine höhere Einsparung möglich (Umweltmagazin ev. Kirche Bayern). Dieselfahrzeuge haben dagegen mit dem angeblich klimaneutralen "Bio"-Diesel-Zusatz ein teilweise aus Palmöl hergestelltes Produkt im Tank, das lt. NABU tatsächlich um ein mehrfaches klimaschädlicher ist als Dieselöl selbst.   
 
Kein Fahrzeug erreicht allerdings in seiner Klimafreundlichkeit die öffentlichen Verkehrsmittel: Für Reisebus und Autobahnfernverkehr veranschlagt das Umweltbundesamt ganze 32 bzw. 38 g CO2 pro Personenkilometer, im Nahverkehr sind es 75 g für den Linienbus, 63 g für Nahverkehrszüge und 65 g für Straßen-, Stadt- und U-Bahn. Lediglich das Flugzeug übertrifft mit 214 g/Pkm das Auto mit veranschlagten 140g, und das fällt bei den weiten Strecken, die per Flugzeug zurückgelegt werden, natürlich ins Gewicht. Wer also alljährlich seinen Flug in die Karibik oder den fernen Osten bucht, macht alle seine Bemühungen um den Klimaschutz wieder zunichte. Er könnte ebensogut auch tagein tagaus mit einem Kleinlastwagen durch die Lande fahren.

Bei einer Art von Verkehrsteilnehmern ist die Freisetzung von Treibhausgasen indessen sogar erwünscht: Fahrradpendler können sich den Gang ins Fitnessstudio sparen. Wer drei- bis viermal pro Woche 30 bis 45 Minuten radelt, der hat alles für seine Gesundheit getan. Eine Viertelstunde morgens hin zur Arbeit und die gleiche Etappe abends zurück nach Hause reichen schon aus, um Übergewicht und typischen Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Herzleiden oder Diabetes vorzubeugen - und wenn sich so einige Pfunde in Kohlendioxid haltige Luft auflösen, wird dies uns das Klima am ehesten verzeihen.

Geländewagen ohne Gelände

Die Klimafreundlichkeit des deutschen Normalverbrauchers wird freilich beim Autokauf auf eine harte Probe gestellt. Ohne Frage hat nämlich das E-Mobil nicht zu unterschätzende Umschichtungen auf dem Arbeitsmarkt zur Folge, da es nur ein Drittel der Bauteile eines Benzin- oder Dieselfahrzeugs enthält, kaum störanfällig ist und bei der Wartung nur ein Minimalprogramm anfällt. Von ihren Werkstätten aber leben die Autohäuser in erster Linie. Wer also ein Elektrofahrzeug leichterer Bauart verkauft, riskiert damit potenziell seine eigene berufliche Perspektive. Bei einem zwei Tonnen schweren und 500 PS starken SUV sieht es dagegen anders aus: Unzeitgemäße Technik, eine hoher Anteil von Verschleißteilen und eine Übermotorisierung, die die Unfallgefahr deutlich erhöht, machen den "Hausfrauenpanzer" zum Liebling der Werkstätten. Clevere Verkäufer werden also alles daran setzen, um ihrer Werkstatt das Überleben zu sichern - zum Schaden von Umwelt und Klima. Verbräuche von 16l/100km sind bei SUVs  keine Seltenheit, und auch wenn die Werbung den Kunden vieles suggeriert: für das Klima ist der Trend zu diesen Spritfressern eine Katastrophe. Schalten Sie deshalb beim Autokauf Ihren gesunden Menschenverstand nicht aus!



Der BUND Naturschutz empfiehlt:

- Nutzen Sie, wo und wann es nur geht, öffentliche Verkehrsmittel! Erkundigen sie sich bei jeder außerplanmäßigen Fahrt nach den Fahrplänen. Es fahren mehr Busse und Bahnen, als sie denken!

- wenn Sie auf Ihr Fahrzeug angewiesen sind: schonen Sie das Gaspedal! Allein mit einem moderaten Fahrstil lässt sich der Benzinverbrauch um bis zu 15 Prozent senken! Ein Mittelklassefahrzeug (VW Golf 6), das bei 80 kmh 3,7 l Benzin verbraucht, benötigt bei Tempo 130 schon 6,1 l pro 100 km!

- vermeiden Sie unnötige Fahrten! Nicht selten ist es umweltfreundlicher, wenn Sie sich Ihren Wunschartikel mit der Post schicken oder vom Händler liefern lassen!

- Mieten Sie sich, wo sich die Gelegenheit ergibt (z.B. an Ihrem Urlaubsort), ein Elektrofahrzeug! Nur wer die Fahreigenschaften und die Besonderheiten dieses Fahrzeugtyps selbst getestet hat, kann seine Besonderheiten richtig einschätzen.

- Wenn Sie an die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs denken: Überlegen sie sich, ob sie wirklich eine Reichweite von 500 km brauchen! Der ökologische Rucksack eines Elektrofahrzeugs richtet sich in hohem Maß nach der Akku-Kapazität. Tesla-Modelle sind wohl für derartige Reichweiten ausgelegt und der Hersteller bietet auch eine hinreichende Ladesäulen-Infrastruktur an, der Energieaufwand für ihre Antriebsakkus ist aber auch dementsprechend.

- Mit einem Erdgasfahrzeug können Sie das Klima etwas entlasten. Denken Sie aber daran, dass sie damit viele Tiefgaragen und Parkhäuser nicht nutzen dürfen und Erdgastankstellen in Deutschland dünn gesät sind. Kaufen Sie ein Erdgasfahrzeug besser nur dann, wenn Sie in Ihrer Umgebung Biogas haltiges Erdgas tanken können.

- Wer keine Möglichkeiten hat, ein klimafreundliches Fahrzeug zu nutzen, sollte sich an E10-Kraftstoff halten. Mit ihm kann er wenigstens einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Last not least:

- lassen sie sich keinen SUV aufschwatzen, auch wenn sich ihr Verkäufer noch so große Mühe gibt. Sie brauchen als Banker oder Hausfrau keinen Geländewagen! Wenn Sie Ihre Kinder lieben, dann holen Sie sie nicht mit dem Zweitonner an der Schule ab, sondern ermöglichen Ihnen eine lebenswerte Zukunft!    
 
- verzichten Sie auf Flugreisen! Ihre beliebtesten Reiseziele sind sonst bald nicht mehr ereichbar!

Eine nachhaltige Mobilität ist möglich. Norwegen macht es vor: 54% der Neuzulassungen waren dort 2017 schon Elektrofahrzeuge und Hybride. Und vergessen Sie nicht: Radfahren ist gesund!


Quellen:

Öko-Institut e.V, Fragen zur Elektromobilität, hrsg. vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Wiesbaden 2018 download

Umweltbundesamt: Emissionsdaten mehr

ebd: Weiterentwicklung und vertiefte Analyse der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen, Hinrich Helms, Julius Jöhrens, Claudia Kämper, Jürgen Giegrich, Axel Liebich, Regine Vogt, Udo Lambrecht ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, Heidelberg und Dessau 2016 download

Umweltmagazin der ev.Kirche Bayern, Ausg. Oktober 2018 download

IVL Swedish Environmental Research Institute,  The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries. Mia Romare, Lisbeth Dahllöf, Stockholm 2017 download

Energie-Experten Bern, Wie stark belastet die Batterieherstellung die Ökobilanz von Elektroautos? Leonid Leiva 2017 mehr

manager-magazin Nov. 2017, Ökobilanz von Elektroautos  mehr

Der Spiegel, Dez. 2017: Elektroautos, der grosse Oekoschwindel mehr

Elektro gegen Benzin: Die ehrliche Klimabilanz. srf Okt. 2017 mehr