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FESU für Lebensräume

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Teil 2: Von Kühen und Kilometern

Fleischkonsum und Klimaschutz

Die Landwirtschaft ist weltweit für fast ein Viertel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Mit dem Slogan “Mehr als 200 Pferde und weniger Emissionen als eine Kuh” bewirbt Mercedes konsequenterweise inzwischen seine M-Klasse. Aber lässt sich der Beitrag der Lebensmittelproduktion zur Erderwärmung mit dem aus der Energiegewinnung oder dem Verkehr vergleichen? Und ist es möglich, Genuss, ausreichende Ernährung und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen?

Unter den klimarelevanten Emissionen bei der Lebensmittelproduktion ist Methan der Bestandteil mit der größten Relevanz. Methan entsteht wohl in wesentlich geringeren Mengen als der Hauptklimakiller Kohlendioxid, ist aber 21mal so wirksam. Es entsteht zum Beispiel beim Reisanbau, vornehmlich aber im Verdauungssystem von Rindern, die im Durchschnitt täglich mehrere 100 Liter des farblosen und brennbaren Kohlenwasserstoffs freisetzen. Außerdem entsteht aus Stickstoffdünger auf den Feldern Distickstoffoxid, besser bekannt als Lachgas, und auch die Abholzung von Regenwäldern für die Produktion von Futtermitteln und Palmöl spielt eine immer bedeutendere Rolle.

Nimmt man die reinen "Emissionen" eines landwirtschaftlichen Produkts als Maßstab, sind die größten Klimasünder schnell ausgemacht: Bei einer Umrechnung der freigesetzten CO2-Äqivalente mit gefahrenen Autokilometern (www.klimatarier.com auf der Grundlage von Daten des ifeu-Instituts Heidelberg) entspricht schon eine recht magere 100g-Portion Rindfleisch einer mit einem Mittelklasse-PKW zurückgelegten Strecke von 8 km - für ein ordentliches 250g-Steak könnte man schon über 20 km zurücklegen. Eine Portion Puten- oder Schweinefleisch bringt es auf 3 km, Hähnchenfleisch auf 2 km - und auch Frischfisch kommt auf 4 Autokilometer. Dagegen setzt selbst eine 100g-Portion des zu Recht vielgescholtenen Palmöls - oder auch Tofu - nur ein CO2-Äquivalent von einem Autokilometer frei, ganz zu schweigen von Getreideprodukten oder Hülsenfrüchten, die es nicht einmal auf einen halben Kilometer bringen.


Ist die Kuh ein Klimakiller?

Wer nun aber erwartet, er könnte mit biologisch erzeugtem Fleisch seine Klimabilanz aufbessern, muss frustriert nachlesen, dass Bio-Rindfleisch wegen des längeren Lebens der Tiere noch mehr CO2-Äquivalente an Treibhausgasen freisetzt als konventionell erzeugtes. Selbst Wild- oder Lammfleisch kommt in einigen Quellen mit 7 bzw. 5 Autokilometer pro 100g noch schlechter weg als etwa Schweinefleisch. Diese Nachricht schmerzt, aber ganz stimmt die Rechnung auch nicht: Huftiere wie Büffel, Rinder, Ziegen und Schafe produzieren wohl enorme Mengen Treibhausgase. Mit dem Beweiden des Grünlands erhalten sie indessen einen Lebensraum, der ansonsten einer klimatisch ineffektiven Versteppung oder Verbuschung anheim fallen würde - und an Stelle des US-amerikanischen Corn Belt oder der argentinischen Pampa fänden wir heute Wüsten vor, die keinen Beitrag zur Absenkung des CO2-Gehalts der Atmosphäre liefern. Insofern erfüllen die Weidetiere eine wichtige Funktion: sie sind Bestandteil von Nährstoffkreisläufen, die auch für den Klimaschutz einen Schlüsselfunktion haben. Die dicken Humusschichten in den osteuropäischen Kornkammern etwa zeigen, dass durch die ständige Beweidung der früheren Jahrhunderte Böden entstanden, die heute eine nicht unbeachtliche Kohlendioxid-Senke darstellen.

Anders sieht es aber aus beim Stallvieh, das größtenteils selbst im Pampastaat Argentinien sein Leben lang keine Weide mehr zu sehen bekommt. Für die Produktion von Futtermitteln wie Soja und Mais wird inzwischen schon der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Fläche der großen südamerikanischen Länder beansprucht - in Paraguay über 80% - und es werden dafür immer weitere Regenwaldflächen abgeholzt. Für unser Billigfleisch zahlen wir also, global gesehen, einen hohen Preis. Klimakiller ist somit nicht die Kuh an sich, sondern die industrielle Viehhaltung, die das Gesicht ganzer Kontinente - mit verheerenden Folgen für das Klima - verändert. Laut dem offiziellen Bericht "Livestock's long Shadow" der FAO aus dem Jahr 2006 gehen 18% (7,5 Mrd. Tonnen) der jährlich insgesamt 41,8 Mrd. Tonnen ausgestoßenen Treibhausgase (gemessen in CO2-Äquivalenten) auf das Konto der Viehzucht. Die industrielle Tierhaltung gehört damit schon zu den Hauptverantwortlichen für den globalen Treibhauseffekt und verursacht mehr Treibhausgase als der Verkehr weltweit (13,5%).


Regional ist nicht immer gleich klimafreundlich

Zur Klimabilanz unserer Ernährung tragen aber auch noch weitere Faktoren bei: Die Transportwege spielen dabei überraschenderweise nicht immer eine entscheidende Rolle, denn der Schiffstransport kostet, bezogen auf das Einzelprodukt, oft wesentlich weniger Energie als die Verarbeitung mit z.T. wenig energieeffizienten Geräten. So kommen Lammfleisch aus Neuseeland oder Weiderindfleisch bzw. Butter aus Irland in ihrer Klimabilanz besser weg als einheimische Fleischprodukte aus Intensivhaltung. Der Grund: Für die Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch werden 12 - 16 kg Futtermittel benötigt, und wenn diese zum großen Teil aus Südamerika stammen, bringt es wenig, wenn das Rindfleisch von einem Bauernhof aus der Region stammt. Gänse und Hühner sind wohl bessere Futterverwerter, eine Kuh, die auf der Weide gestanden hat, ist aber, wie Studien des des Internationalen Instituts für Nachhaltigkeitsanalysen und –strategien (IINAS) in Darmstadt zeigen, immer noch besser für die Umwelt als ein Masthähnchen, das nur zwei Monate lebt, nie eine Wiese gesehen hat und mit Soja gefüttert wurde. Auch Fisch auf dem Speiseplan tut dem Klima nicht uneingeschränkt gut: Nil- und Viktoriabarsche beispielsweise werden mit Flugzeugen von Afrika aus in die ganze Welt exportiert.

Nicht zuletzt spielen auch Zubereitung, Lagerung und Einkauf eine Rolle: Fährt man mit dem Auto zum Supermarkt, macht das den Vorteil durch den Einkauf von Bioprodukten oft wieder mehr als zunichte. Das Zubereiten von Speisen im Backofen verbraucht bis zu zehnmal mehr Energie als in der Pfanne. Der Grund: Im Backofen muss ein viel größeres Volumen erwärmt werden. Zudem leitet Luft Wärme etwa 9000-mal schlechter als Aluminium, 600-mal schlechter als Edelstahl und etwa 25-mal schlechter als Wasser. Wer seinen Schmorbraten im Schnellkochtopf zubereitet, spart die Hälfte der Energie - und damit des CO2-Ausstoßes - gegenüber dem Braten in einem konventionellen Kochtopf ein. Und: kein anderer Stoff schluckt so viel Wärme wie Wasser!


Der BUND Naturschutz empfiehlt:

  • Wer Klimaschutz konsequent ernst nimmt, sollte am besten ganz auf tierische Produkte verzichten. Anhänger einer Ovo-lacto-vegetabilen Ernährung sollten beachten, dass Milchprodukte und vor allem Käse eine ähnlich ungünstige Klimabilanz wie Rindfleisch aufweisen und damit, ebenso wie mit Butter, möglichst sparsam umgehen.
  • Wer diesen Weg nicht gehen will, sollte zumindest seinen Fleischkonsum drastisch einschränken. Rinder- oder auch Lammbraten sollten  besonderen Anlässen vorbehalten bleiben und nicht aus Mastviehhaltung stammen! Fragen Sie ihren Metzger danach! Wenn sie in einer Gaststätte 4 Scheiben Braten oder zwei große Schnitzel auf Ihrem Teller vorfinden, ist das ein sicheres Indiz für eine mindere Qualität. Gehen Sie lieber woanders essen! Fast-Food-Restaurants mit ihren Billig-Hamburgern und Müllbergen sollten für einen klimabewussten Menschen eine No-Go-Area sein.
  • Der Preisunterschied zwischen konventionellen und biologischen Milchprodukten - vor allem Butter - ist im Gegensatz zum Fleisch nur geringfügig! Gönnen Sie sich diesen kleinen Luxus, er ist es wert!
  • Freunden sie sich mit der italienischen und der exotischen Küche an! Die meisten Pizzas und Pastas benötigen nur geringe Fleischmengen. Spaghetti mit Tomatensauce und Pizza Margherita kommen sogar völlig ohne Fleisch aus und gehören trotzdem zu den Lieblingsspeisen der Deutschen! Von 80 g Parmaschinken oder Mailänder Salami haben Sie, weil die Scheiben hauchdünn geschnitten sind, mindestens ebensoviel wie von einem Pfund Aufschnitt! Wenn sie ein indisches Linsen- oder Kichererbsencurry zubereiten, werden sie ebensowenig vermissen. Vermeiden Sie aber Reis als Zugabe! Auch dieses Getreide produziert beim Anbau große Mengen treibhauswirksames Methan!
  • Verwenden Sie nach Möglichkeit frische Produkte und bereiten Sie sie Energie sparend zu! Bevorzugen sie hierbei möglichst Kurzgebratenes (aber nicht fritiertes!) und vermeiden Sie nach Möglichkeit die Zubereitung im Backofen! Ist dies unumgänglich, verwenden Sie Umluft und heizen Sie nicht vor! Verwenden Sie immer so wenig Wasser wie möglich! 
  • Achten Sie auch bei regionalen Produkten darauf, ob sie klimaschonend hergestellt, verpackt und gelagert worden sind. Auch ein nahegelegenes Gewächshaus stellt in den Wintermonaten keine klimafreundlichen Produkte her, und ein Bauer, der importiertes Soja verfüttert, schon gar nicht!
  • Verschwenden Sie keine Lebensmittel! Bereiten Sie nicht mehr zu als Sie essen können und kaufen Sie auch nicht mehr ein, als sie vor dem Verfalldatum  aufbrauchen können. Ist dieses überschritten, heißt dies noch lange nicht, dass das Produkt verdorben ist! Werfen Sie es nicht gleich weg!
  • Und last not least: Gehen Sie, vor allem bei tierischen Produkten, nie achtlos mit Lebensmitteln um!