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Bauernproteste: Subventionen sollten den Richtigen zugutekommen

Der Protest gegen die Streichung der Dieselsubventionen hat in den letzten Tagen Tausende von Bauern auf die Straße getrieben und vielerorts den Verkehr zum Erliegen gebracht. In der Regel wurde dem Anliegen der Bauern Verständnis entgegen gebracht, teilweise wurde aber auch Unmut über die Subventionierung der Landwirtschaft in diesem Umfang laut. Hier wäre eine differenziertere Sichtweise vonnöten.

17.01.2024

Die generelle Streichung der Dieselsubventionen für alle Landwirte war fraglos keine glückliche Entscheidung der Bundesregierung. Der in den letzten Tagen zur Schau getragene Unmut der Bauern richtet sich aber in weiten Teilen gegen die Falschen und verkennt die wahren Hintergründe der Misere. Für das Höfesterben, das schon in den 1970er Jahren eingesetzt hat, ist nicht zuletzt ein Systemfehler verantwortlich, der durch die jetzige Subventionsstreichung nur noch verstärkt zu Tage tritt: Die EU fördert mit ihrer flächenbezogenen Subventionierung ebenso wie die Bundesregierung bisher mit ihrer Orientierung am Kraftstoffverbrauch einseitig die Großgrundbe­sitzer und die industrielle Landwirtschaft. Die bäuerliche Landwirtschaft nagt dagegen oft sprich­wörtlich am Hungertuch. Eine Meldung aus „Agrarheute“ veranschaulicht das Missverhältnis: "Klein- und Nebenerwerbsbetriebe erhielten im Wirtschaftsjahr 2020/21 im Durchschnitt eine Er­stattung von 874 Euro auf die gezahlte Energiesteuer für ihren Dieselverbrauch. Großbetriebe in Form juristischer Personen in Ostdeutschland kamen hingegen durchschnittlich auf eine Steuerer­stattung von 26.620 Euro. Wer viel Diesel verbraucht, zahlt umso mehr Energiesteuer und erhält ei­nen entsprechend höheren Betrag erstattet." Während so mecklenburgischen Großgrundbesitzern ein recht komfortables Auskommen ermöglicht wird, können bäuerliche Kleinbetriebe in Bayern von einer 40-Stundenwoche oder vom gesetzlichen Mindestlohn oft nur träumen.

Ohne jede Frage ist eine Subventionierung von Dieselkraftstoff eine klimaschädliche Subvention und insofern konnte es nicht wirklich überraschen, dass sie ein Kandidat für eine Streichung war. Andererseits macht sie bei den Agrarsubventionen einen so er­heblichen Posten aus, dass ihr Wegfall vor allem für viele Kleinbauern existenzgefähr­dend sein kann. Ein steuerbefreiter Sockel­betrag von 5000 Euro für Agrardiesel wäre eine gute Teil-Lösung der aktuellen Proble­me. Er würde insbesondere kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben nutzen, wäre ein Beitrag für mehr Gerechtigkeit, Klimaschutz und gegen die Verwandlung der Landwirtschaft in eine Agrarfabrik.

Die Bundesregierung muss für eine gerechte, ausgewogene und faire Verteilung der Agrarsubventionen und so für ausgewogene und auskömmliche Einkommen sorgen, denn nur so kann das von den Bauernverbänden und ihren politischen Lobbyisten beklagte „Bauernsterben“ ge­stoppt werden. Schwer verständlich ist in diesem Zusammenhang auch das weitere Festhalten der Bundesregierung am EU-Mercosur Freihandelsabkommen, das der einheimischen Landwirtschaft massiv schaden wird. Nicht mehr nachvollziehbar ist, warum eine bereits unter enormem Druck ste­hende Bevölkerungsgruppe wie die Bauernschaft überproportional belastet wird, weitaus wohlha­bendere dagegen verschont bleiben – so die Aktionäre (keine Finanztransaktionssteuer), die Inlands-Flugreisenden und Privatjet-Besitzer (keine Kerosinsteuer) und generell die Reichen (keine Vermö­genssteuer und keine Übergewinnsteuer, mit der z.B. in Spanien ein kostenloser ÖPNV finanziert wird). Alle diese Gesetzesvorhaben hat die FDP blockiert. Ihr kommt somit eine besondere Verant­wortung zu.

Die Naturschutzbewegung, die bei den jüngsten Demos teilweise auch kritisiert wird, ist nicht der Feind der kleinen und mittleren Landwirtschaft in Deutschland. Die Umweltbewegung zählt zu den letzten Verbündeten der kleinen und mittleren, naturnäheren, nachhaltigen und somit auch moderne­ren und zukunftsorientierten Landwirtschaft. Wir müssen den Wachstumswahn brechen, den Traum von der globalen Agrarfabrik beenden und die Globalisierung menschengerecht und nachhaltig ge­stalten. Dazu braucht es, nicht nur beim Agrardiesel, eine andere, neue Agrar- und Subventionspoli­tik, die nicht nur die Interessen der großen, deutschen Agrarfabriken und der Investoren bedient. Die Subventionen sollten sich mehr am Arbeitsaufwand orientieren und weniger am Flächen- und Ressourcenverbrauch. Und die Landwirtschaft braucht gute Preise für gute, umweltschonend er­zeugte Produkte. Mit den falschen Freunden der jüngsten Aktionen ist das nicht zu machen.

Hartmut Haas-Hyronimus (nach einer Vorlage von Sebastian Schönauer)

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