Zur Startseite

Ortsgruppen

Energie

Das Thema Heizungstausch hat in den letzten Wochen - wohl auch dem Wahlkampf ge­schuldet -  wie kaum ein anderes die Gemüter bewegt. Viele Hausbesitzer würden so in den Ruin getrieben. Tatsächlich ermöglicht aber die Relativierung der Anforderungen auf einen Anteil von 65% erneuerbaren Energien recht vielfältige Möglichkeiten für Hybridhei­zungen, die auch weniger vermögende Hauseigentümer nicht überfordern dürften.

Natürlich sollten Wärmepumpen in Neubauten oder Umbauten mit einer umfassenden Hausisolierung Standard sein – und sind es ja auch bereits. Langfristig wird generell kein Weg an Wärmepumpen vorbei führen. Bei Bestandsobjekten mit unzurei­chender Isolie­rung würde jedoch eine Wärmepumpe für das ganze Haus die Hausbesitzer ange­sichts der derzeitigen Marktpreise sehr stark belasten. Zudem sinkt dort bei Luftwärmepumpen die Energieeffizienz, die in der Leistungszahl ihren Ausdruck findet, in sehr kalten Wintern so stark ab, dass ein wirt­schaftlicher Betrieb bei den derzeitigen Strompreisen schwierig wird. Es ist andererseits aber auch fraglich, ob eine solche Rundumversorgung bei Häu­sern, in denen nur ein oder zwei Bewohner leben, überhaupt notwendig ist. In der Regel werden dort tagsüber maximal zwei Räume benutzt, die auch über den Räumlichkeiten angepasste Kleinklimaanlagen beheizt werden könnten, die schon – inklusive Einbau – für unter 2000 € erhältlich sind. Auch sie sind ja eigentlich Wärmepumpen. Ein weiterer Vorteil derartiger Anlagen ist, dass sie im Som­mer auch für Kühlung sorgen können.

Ein weiterer Baustein könnten Solarthermie­anlagen sein, die relativ preisgünstig erhält­lich sind und die zumindest die Warmwasser­versorgung weitgehend sicherstellen könn­ten. Al­lerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass diese, etwa in Kombination mit einer Gashei­zung, in der Regel nicht allein den ge­forderten Anteil von 65% erneuerbaren Ener­gien erbringen könnten.

Eine weitere Hiobsbotschaft der letzten Jah­re war, dass Kaminöfen und Kachelöfen  bis zum 31.12.2024 stillgelegt werden müssen, wenn sie nicht den seit 2010 festgelegten Grenzwerten entsprächen. Weniger bekannt ist jedoch, dass durch den nachträglichen Einbau einer Filteranlage solche Öfen auch danach weiterbetrieben werden können. Die Gesamtkosten hierfür liegen unter 2000 € und dürften so für jeden Hausbesitzer er­schwinglich sein. Besitzer eines gut positionierten Kachel­ofens wissen, dass so in vielen Fällen das ganze Haus beheizt werden kann und Holz gilt nach den derzeit gültigen gesetz­lichen Bestimmungen nach wie vor als regenerativer Energieträger – es sollte allerdings auch aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen.

Etwas in Vergessenheit geraten sind Anlagen zur Kraft-Wärmekopplung, insbesondere Blockheizkraftwerke, die theoretisch auch in Einfamilienhäusern zur Anwendung kommen könnten. Einige Stadtwerke, z.B. Aschaffenburg, fördern deren Einbau. Dass sie auch im kleineren Maßstab sinnvoll sein können, zeigt ein jüngstes Beispiel einer Gruppe von  Hauseigentü­mern in Karlburg, die mit einem Blockheizkraftwerk ihre Häuser – mit insgesamt 19 Bewohnern – mit Strom und Wärme versorgen. Derartige Blockheizkraftwerke können standardmäßig auch mit Biogas beschickt werden und künftig auch mit „grünem“ Ammoniak, der im Rahmen des deutsch-kanadischen Energieprojekts - anstelle von elementarem Wasserstoff - in we­nigen Jahren aus Neufund­land geliefert werden soll.

Zur Erinnerung: Schon vor über 100 Jahren nutzten Busse und Straßenbahnen Ammoniak als Kraftstoff und sogar ein PKW – der Chevro­let Impala – wurde für den Betrieb mit Am­moniak entwickelt. Ammoniak als „e-fuel“ im Individualver­kehr wäre wohl wegen der katastrophalen Energiebi­lanz unsinnig, sein Ein­satz in Block­heizkraftwerken wäre jedoch ener­giewirtschaftlich eine durchaus tragfähige Lö­sung und auch wesentlich unkompliz­ierter um­zusetzen als die Umstellung auf Wasser­stoff - die zu­dem noch eine Er­neuerung des Leitungs­netzes notwendig machen würde. Auch reiner Wasserstoff an Stelle von Erd­gas beim Einsatz in konventio­nellen Heizkes­seln wäre eine unver­tretbare Energieverschwend­ung. Unter den der­zeitigen Bedingungen ist eine Anreicherung von Erdgas mit Wasserstoff zudem nur bis zu maxi­mal 30% möglich, in der Praxis – etwa bei den Stadtwerken Haßfurt – wer­den 5% nicht über­schritten.

Ein böses Erwachen dürfte es indessen schon in wenigen Jahren für die Hauseigentümer geben, die sich zur Zeit in Torschlusspanik noch eine Gas- oder Ölheizung einbauen las­sen. Die neuen EU-Regelungen für den Emissionshandel lassen noch in diesem Jahr­zehnt Preissteigerungen erwarten, die die Heizungskosten für Eigentümer wie für Mieter ins as­tronomische steigen lassen. Insofern wäre es für alle, bei denen ein Heizungsaustausch ansteht, ratsam, eine Energieberatung in Anspruch zu nehmen, die auch die lang­fristigen Kosten berechnet.

Hartmut Haas-Hyronimus